Standard Audit File – Tax

 Potenziale und Herausforderungen 

 

Der Einsatz von Standard Audit File – Tax wird im Rahmen der Digitalisierung im Steuerrecht heiß diskutiert. Insbesondere im E-Commerce und in der Mehrwertsteuer ergeben sich Potenziale. Diese können aber nur vollständig ausgeschöpft werden, wenn eine einheitliche grenzüberschreitende Implementierung erfolgt.

27. April 2021

1.    Einführung

Ein entscheidender Baustein für die erfolgreiche Digitalisierung im Steuerrecht sowie eine stärkere Verzahnung von Finanzverwaltungen mit Steuerpflichtigen ist die standardisierte Übermittlung von steuerlichen Informationen. Als Instrument wird der Einsatz von Standard Audit File – Tax (SAF-T) intensiv diskutiert. Das komplexe und häufig grenzüberschreitende Wirtschaftsleben führt dazu, dass die Überprüfung von steuerlichen Compliance-Anforderungen und die Sicherung von Steuereinnahmen nach einer stärkeren Automatisierung von Prüfungsaktivitäten durch die Finanzverwaltungen verlangt. 

Das zugrundeliegende Konzept von SAF-T ist denkbar einfach. Anstatt aggregierte Daten des Steuerpflichtigen als Finanzverwaltung zu erhalten, werden durch SAF-T Daten zu jeder Transaktion übermittelt. Eine Überprüfung von einzelnen Transaktionen und die Verknüpfung mit anderen Daten wird dadurch erleichtert. Aus dieser Tatsache heraus eröffnen sich die Potenziale für Steuerarten mit einer hohen Transaktionsanzahl. Zwar ist das SAF-T Konzept nicht auf einzelne Steuerarten begrenzt, aber ein Anwendungsfokus liegt im Bereich der indirekten Steuern, speziell der Mehrwertsteuer. Vorteile beim Einsatz von SAF-T werden insbesondere in der Reduzierung der Steuer-Compliance durch Automation, einer Vertiefung der Prüfungstiefe, einem verbesserten Risikomanagement sowie einer besseren Identifizierung von Steuerhinterziehung gesehen.

2.    Der Einsatz von SAF-T 

Die OECD veröffentlichte erstmals im Jahr 2005 das SAF-T Konzept und erneuerte dieses im Jahr 2010. Ausgehend von diesem Konzept gibt es in Europa SAF-T Umsetzungsbeispiele in Österreich, Frankreich, Luxemburg, Litauen, Norwegen, Polen sowie Portugal. Die jeweiligen Implementierungen des SAF-T unterscheiden sich in ihrer konkreten Umsetzung. 

Neben diesen nationalstaatlichen Umsetzungsbeispielen wurden auch Potenziale in der Überprüfung von grenzüberschreitenden Sachverhalten identifiziert. Sind in grenzüberschreitenden Sachverhalten mehrere Finanzverwaltungen in deren Überprüfung involviert, ergeben sich naturgemäß Schwierigkeiten in der Erfüllung der nach wie vor stark nationalstaatlich geprägten Compliance-Anforderungen durch die Steuerpflichtigen sowie deren Überprüfung durch die verschiedenen Finanzverwaltungen. 

Im Jahr 2015 wurde in der Mehrwertsteuer bei Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und elektronisch erbrachten Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige, gemäß Art. 58 MwSt-SyStRL, das Bestimmungslandprinzip eingeführt. Dadurch ergaben sich Prüfungsberechtigungen sowohl für den Mitgliedstaat der Identifizierung eines Unternehmers als auch für den Mitgliedstaat des Verbrauchs. Die Deklarierung der Mehrwertsteuer konnte zentral für alle Mitgliedstaaten über den sogenannten Mini-One-Stop-Shop (MOSS) erfolgen. 

Zur Standardisierung der Datenabfrage bei Steuerpflichtigen wurde von der EU-Kommission im Jahr 2014 ein SAF-MOSS vorgeschlagen. Mehr als zweidrittel der Mitgliedstaaten stimmten in einer nicht bindenden Vereinbarung zu, den SAF-MOSS anzuwenden. Der Europäische Rechnungshof stellte im Jahr 2019 fest, dass lediglich die Niederlande Erfahrungen mit dem SAF-MOSS gesammelt hat. Alle anderen Mitgliedstaaten sahen direkt von einer Implementierung ab oder setzten diesen schlicht nicht um. 

3.    Evaluierung des SAF-T

SAF-T basiert auf dem offenen Standard Format XML (eXtensible Markup Language). Die Folgen einer SAF-T Implementierung werden am Beispiel Polens erläutert. Das polnische SAF-T Protokoll (Jednolity Plik Kontrolny = JPK) wurde speziell für die Mehrwertsteuer entwickelt und zielt darauf ab, die Mehrwertsteuerhinterziehung stärker zu bekämpfen. Im JPK_VAT werden mehrwertsteuerrelevante Informationen erfasst, wodurch Transaktionen zwischen unterschiedlichen Unternehmen für die Finanzverwaltung nachvollziehbar werden. 

Am Beispiel des JPK_VAT mussten Steuerpflichtige Formate zur Extraktion steuerlicher Informationen in die eigenen Buchhaltungssysteme integrieren. Neben den notwendigen Investitionen führte dies zu einer stärkeren Automatisierung des betrieblichen Rechnungswesens. Die erzwungene Standardisierung von Buchhaltungsdaten ermöglicht es nun Steuerpflichtigen steuerliche Informationen mit anderen Parteien einfacher auszutauschen und zu verarbeiten. Gleichzeitig ging nach Einführung des JPK_VAT die Mehrwertsteuerhinterziehung zurück.

4.    Ausblick und Herausforderungen

Abschließend zeichnet sich neben der stärkeren Umsetzung des SAF-T Konzepts dessen bisher ausschließlich nationalstaatlicher Charakter ab. Trotz der Harmonisierungsbemühungen von Seiten der OECD sowie EU-Kommission in grenzüberschreitenden Situationen zu einer stärker standardisierten Übermittlung von steuerrelevanten Informationen beizutragen, ist bisher das Gegenteil eingetreten. Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der nationalen Steuersysteme sind Insellösungen entstanden, die keinen Austausch und keine Vereinheitlichung mit anderen Ländern oder Systemen zulassen. Dies ist sowohl für Steuerpflichtige unbefriedigend, womit erhöhte Implementierungskosten verbunden sind, als auch für Finanzverwaltungen in der Überprüfung von ausländischen Sachverhalten bzw. Steuerpflichtigen.

Potenziale des SAF-T ergeben sich insbesondere für den E-Commerce, wie bereits der Versuch des SAF-MOSS illustriert. Im E-Commerce treten in der Mehrwertsteuer besonders häufig grenzüberschreitende Situationen auf. Deren Überprüfbarkeit durch Finanzverwaltungen setzt einheitliche Datenstandards grundlegend voraus. Die einheitliche Implementierung von SAF-T Formaten würde ein koordiniertes Vorgehen auf Ebene der EU oder sogar auf Ebene der OECD erfordern.

Insgesamt steht SAF-T für ein technisches Instrument, um eine stärkere kooperative Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltungen zu ermöglichen und einer zunehmend globalisierten sowie digitalisierten Wirtschaft gerecht zu werden.

Autor

Robert Müller